Birgit Bachmann, Gabriele Furian, Doris Libiseller, Karin Rupacher, Larissa Tomassetti

„FORM_LOS“ … ist der Titel dieser Ausstellung, für welche die Lavantaler Malerin Karin Rupacher verantwortlich zeichnet, die sich damit in Eigeninitiative einen lang gehegten Wunsch erfüllt – eine Ausstellung ausschließlich weiblicher Arbeiten zu versammeln. Dadurch möchte sie nicht nur einen Überblick über das Kunstschaffen der Frauen in Kärnten zeigen, sondern bezeichnenderweise die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede zwischen dem Werk dieser fünf Künstlerinnen ausloten. “FORM_LOS” deshalb, wie Rupacher sagt, “weil jede ihre eigene Form, ihren eigenen Bereich und Stil gefunden hat, es aber in dieser Ausstellung um keinen einzelnen davon geht”, sondern vielmehr um das zusammen-finden, sich trotz aller Unterschiede zusammen zu tun und das Gemeinsame zu beleuchten. Die eigene “Form” zu präsentieren, sie aber in der Gemeinsamkeit wieder in den Hintergrund zu stellen – an sich schon eine eher weibliche Herangehensweise, könnte man meinen.

Karin Rupacher hat sich seit vielen Jahren der Farbe ROT verschrieben, rot wie im Inneren des Körpers. In ihren Bildern ist es an erster Stelle der weibliche Körper, dessen Inneres sie weitaus intensiver beschäftigt als das Äußere. Der Blick unter die Oberfläche, in die fleischliche und auch seelische Beschaffenheit des Menschen ist bei ihr aber nie ein sezierender Blick – so analytisch einige der Bilder auch sein mögen – sondern der Blick ist vielmehr immer sowohl emotional als auch politisch eingestellt, so wie im gesellschaftlichen Leben der Frauen zwischen emotionalen und politischen Belangen kaum eine Grenze zu ziehen ist.

Die menschliche Figur steht auch für Doris Libiseller im Mittelpunkt. Sie ist Keramikerin, ihr Material ist die Erde selbst, der ursprüngliche Lehm, aus dem der Mensch geformt wurde. Diese Ursprünglichkeit zeichnet sich in den organischen Formen ab und auch in der Unmittelbarkeit der Körper, die in ihren Händen entstehen. Die Figuren oder Torsi sind gespannt, gekrümmt, aufgerissen, durch Erlebtes ge- und ver-formt; ihre Erdfarben und ihre Erdverbundenheit erinnern daran, dass die Keramik am Anfang der Zivilisationsgeschichte steht, die Verwandlung von Lehm im Feuer eine der ersten magischen Handlungen darstellt. 

Der Bereich unter der Erde, hingegen, ist eines der langjährigen Themen von Birgit Bachmann – in Zyklen von Zeichnungen mit Titeln wie „kARToffelacker“, „Maulwurf“ oder „Cocons“ widmet sie sich der unsichtbaren, aber in der Vorstellungskraft erspürbaren Welt im Erdreich, dem Entstehen und Vergehen von Lebewesen an diesem Ort. Ihre überaus detaillierten und zeitaufwändigen Bleistiftzeichnungen auf Transparentpapier werden manchmal auch als „Bausteine“ für größere Rauminstallationen eingesetzt, wie etwa die „Kaaba“ im Pankratium in Gmünd, oder das Haus als „Dritte Haut“ am Schaukraftwerk Forstsee. Tiefgründig, in-sich-hinein-horchend, entwickelt sie Allegorien für das menschliche Dasein und Befinden, die sich der Sprache entziehen.

Gabriele Furian, auch als Gabi Simonitsch bekannt, arbeitet in dem breitgefächerten m Bereich Objekt – Bild – Collage: monochrom, haptisch und poetisch suggestiv, dabei auch stets ohne Titel. Ihre Tätigkeit als Kunsttherapeutin steht im ständigen Dialog mit ihrem eigenen Schaffen: es darum, einen Zugang zu oft schwer definierbaren Befindlichkeiten zu erarbeiten – „Wo Worte fehlen, sprechen Bilder“, sagt sie selbst. Ihr Material findet sie in ihrer unmittelbaren Umwelt, es sind recycelte Stoffe wie Holz, Metalle, Steine, ausgediente Gebrauchsgegenstände, deren Vorgeschichten hier mit der dominanten Farbe Weiß zu neuen Sinnhaftigkeiten zusammen gefügt werden.

Larissa Tomassetti arbeitet auf der Schnittstelle von Malerei und Fotografie, zwischen positiv und negativ, zwischen erlebter Wahrnehmung und wahrgenommener Fiktion. Ihre Werke sind Zeichnungen, Holzschnitte, Gemälde und Foto-Collagen und -Überblendungen, wobei Material und Technik eng mit dem Inhaltlichen verknüpft sind. In der Serie „Vor lauter Bäumen…“ ist Holz das dominante Material, als Bildträger und als Thema der Arbeit. Das Bild entspringt einer Fotografie, und erinnert an den Blick durch die Kamera – im Wald ziehen die Baumstämme an einem vorbei, man konzentriert sich auf Details und verliert das Gesamtbild, wie im Titel angedeutet. In der verwandten Serie „Tree Stills“ sind aus Fotografien geschnittene Streifen als Collage auf Holz aufgezogen, eine stroboskopische Verdichtung des ursprünglichen Motivs.

Die Künstlerinnen dieser Ausstellung, ob ihr Schwerpunkt nun im figurativen oder im abstrakten liegt, verbindet eine Sicht auf das haptische Erleben der Welt, das Spürbare und Erahnbare, das sich in einem weiten Feld zwischen Stofflichkeit und Transzendenz bewegt.

Sibylle von Halem, 01. November 2014

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