Amor, che ne la mente mi ragiona” – Gianni Magnamini
Das Ausstellungsjahr 2016 beginnt mit einer Einzelausstellung des in St. Andrä ansässigen Malers Gianni Magnamini. Er stammt aus der Gegend südlich von Rom, ist schon lange in Norditalien und Kärnten aktiv, und bezieht sich in seinen Werken stets auf das Wechselspiel zwischen dem Menschen und seiner Umwelt – zwischen der äußerlich sichtbaren Natur und der eher verborgenen, inneren Natur des eigenen, subjektiven menschlichen Empfindens.
Der darin enthaltenen Frage, die sich jeder Mensch stellt – wie viel von dem, was ich in mir selbst erlebe, wird von den Anderen ebenso empfunden? – begegnet er mit großer Ernsthaftigkeit, all seiner sichtlich farbenfrohen Sinnlichkeit zum Trotz.
Der Weg dahin, eine bildnerische Umsetzung dieser Fragestellung zu finden, ist stets langwierig, anstrengend und von Zweifeln geprägt – in jedem einzelnen Bild wie im Werk als Ganzem. Über die Jahre seiner Auseinandersetzung mit diesem Grundthema hat er zu einer gestischen Abstraktion gefunden, in der “das endgültige Resultat nicht mehr eine objektive Wirklichkeit ist, sondern eine subjektive”, wie er selbst sagt, und dadurch “neue Aspekte eines Themas sichtbar macht”. Die Anhaltspunkte für die subjektive Wahrnehmung, die in der äußerlich sichtbaren Welt zu finden waren, werden akribisch zerlegt und neu angeordnet, bis sie der inneren Auffassung gerecht werden. Dabei beschäftigt er sich keineswegs nur mit der eigenen Befindlichkeithere
In dieser Ausstellung zeigt er einen Bilderzyklus, in dem er sich Dante Alighieri’s “Convivio” widmet; ein Werk, das im Jahr 1306 geschrieben wurde und in der Kultur- und Philosophiegeschichte als spätmittelalterliches Pendant zu Platon’s “Gastmahl” betrachtet wird. Bezeichnenderweise sah Dante sein Werk als ein Bestreben, die Philosophie dem Laien näher zu bringen, ihre Inhalte allgemein verständlich zu machen, das aber in poetischer Form und nicht als belehrende Abhandlung. Im Gegenteil: die Liebe zur Philosophie, und daher zum Göttlichen, wird wie eine irdische Liebe beschrieben, wie es die Mystiker aller Zeiten und Orte taten, im Okzident wie schon zuvor im Orient.
Gianni Magnamini hat für die Ausstellung den Titel “Amor, che ne la mente mi ragiona” gewählt, auf Deutsch: “Amor, der mit mir im Geiste spricht” – ein Zitat von Dante und ein Thema, das all seine Arbeiten der letzten Jahre dominiert, und in dem die Verschmelzung von Liebesempfinden, Philosophie und mystischer Spiritualität besonders deutlich wird.
So wie sich Platon im “Gastmahl” an alle Bürger seiner Welt wendet, und auch Dante Alighieri damals als erster philosophische Texte in der Volkssprache schrieb, um nicht nur die Gelehrten, sondern alle Menschen anzusprechen, möchte sich Gianni Magnamini mit dieser Ausstellung ebenfalls an alle wenden, und Sie einladen, mit ihm in seine Bilderwelt einzutreten.
Sibylle von Halem, 09. Februar 2016