Seit 21. Juli 2014 kann sich die Wallfahrtskirche Maria Loreto glücklich schätzen, neben Maria Luggau die zweite „Basilica minor“ in Kärnten zu sein. Schon nach außen hin imponiert der mächtige Barockbau und nicht zuletzt ihre bewegte Geschichte sowie der Wallfahrerstrom vergangener Jahrhunderte haben der Kirche zu dieser besonderen päpstlichen Auszeichnung verholfen.
Am Anfang war es eine einfache Idee. Fürstbischof Albert von Priamis, der in der Mitte des 17. Jahrhunderts die Zügel in St. Andrä in der Hand hatte, erkannte die Bedeutung und den aufkommenden Trend der Wallfahrt. Auf einer Italienreise bekam er das berühmte Marienheiligtum in Loreto, auf einem Hügel nahe Ancona in Mittelitalien, zu Gesicht. Mit großen Plänen für St. Andrä erreichte der Bischof seine Heimatstadt. Er wollte eine Nachbildung der berühmten „Schwarzen Madonna“, die dort zu sehen war, in Auftrag geben lassen, um viele Gläubige nach St. Andrä zu bringen. So geschah es. Am 8. Dezember 1647 konnte eine direkte Nachbildung des lauretanischen Gnadenbildes und die darüber errichtete Gnadenkapelle feierlich eingeweiht werden. Die Beteiligung der Bevölkerung war enorm und der erhoffte Wallfahrerstrom setzte ein. Priamis wollte mit den Spenden der Gläubigen über der Kapelle eine gewaltige Kirche entstehen lassen.
Aber das Geld reichte hinten und vorne nicht. 1654 starb der schon schwerkranke Bischof. Sein Großprojekt blieb jahrelang unter der untragbaren Finanzlast begraben bis 1673 Fürstbischof Franz Caspar von Stadion den Bischofsthron in St. Andrä bestieg. Er entstammte einem gut betuchten Adelsgeschlecht und konnte so auch die Finanzmittel für den Bau aufbringen. Dadurch, dass man in Norditalien ein größeres Know-How und viel mehr Erfahrung besaß, betraute der weltoffene Bischof einen Baumeister aus Aquileia, Juri war sein Name, mit der Leitung des Großprojektes. Im Jahre 1683 gab es dann den Startschuss für den ganz im Stil des italienischen Barock errichteten Sakralbaus. Vier Jahre später waren die Bauarbeiten abgeschlossen, es fehlten nur mehr Innenausstattung sowie die beiden Türme. Während die Innenausstattung nach und nach ergänzt wurde, fügte man 1730 die beiden Zwiebeltürme mit ihren Zwillingsfenster und ihren dem Renaissancestil nachempfundenen Quadratornamenten hinzu. 60 Meter hoch ragen sie in die Luft und wurden von 2010 bis 2012 in einer umfassenden Restaurierung gänzlich neu mit Kupfer eingedeckt.
Betritt man nun die lebendige Kirche, so stechen einem die fröhlichen Farben sowie die Weiträumigkeit der Kirche entgegen. Einerseits verdanken wir das Fürstbischof Ernst Gandolf von Kuenburg, der im Jahre 1793 die Gnadenkapelle abtragen ließ und sie links neben den Eingang verlegte. So erreichte man eine irrsinnig tolle Raumwirkung der 40 Meter langen und 17 Meter hohen Kirche. Andererseits ist die Vielfalt der Farben sowie die Reinheit und Exzellenz der Kunstschätze auf die 2014 abgeschlossene zweijährige Innenrestaurierung der Basilika zurückzuführen, bei der man den ursprünglichen Glanz aus der Barockzeit wieder herstellen konnte. „Die Kirche selbst ist im reinsten und schönsten italienischen Stile erbaut, und übertrifft an Schönheit der Bauart alle mir bekannten Kirchen Kärntens.“ – so urteilte der Kunsthistoriker Karlmann Tangl über die Loretokirche. In ihr treffen sich Stile verschiedenster Epoche und man erlebt einen Streifzug europäischer Kultur.
Zentral im Presbyterium gelegen, vermittelt die Kreuzigungsgruppe vom Klagenfurter Meister Claus die Feinheit und Stilsicherheit des österreichischen Hochbarocks. Dahinter entfaltet sich das weitläufige Architekturfresko, bei dem sich Elemente des Klassizismus mit jenen des ausgehenden Barockzeitalters vermischen. Alles steht in der Idee des Kreuzesopfers Christi. Wenn also die Dreifaltigkeit von oben herab den Mantel der Barmherzigkeit über der Szene ausbreitet und rechts und links die Propheten Jeremia und Jesaja den Opfertod Christi ankündigen, dann haben wir hier barocke Illusionsmalerei in ihrer Höchstform. Man wollte den Betrachter täuschen, mehr Raumwirkung, ja sogar dreidimensionale Welten vortäuschen. Neben einem Bischofsthron, der das Können der Wiener Stickereikunst der 1760er-Jahre unter Beweis stellt, oder einer besonderen Augsburger Hinterglasmalerei in Form einer Nachbildung der Marien-Ikone von Santa Maria Maggiore in Rom, findet sich auch noch ein Meisterwerk des begnadeten Künstlers Jakob Zanussi in der Basilika, das die Verkündigung zeigt. Der feine Pinselschwung und das gekonnte Spiel zwischen Licht und Schatten verleihen dem Bild den Touch großer europäischer Gemälde des 18. Jahrhunderts.
Wegen ihrer Schönheit, ihrem Reichtum an Kunstschätzen aller Art und ihrem besonderen Flair haben Tausende in vergangener Zeit die nunmehrige Basilika besucht. Viele haben bei der Schwarzen Madonna Zuflucht gefunden, andere wiederum haben das Aufeinandertreffen der Kunststile bewundert.
Eine neue Zeit ist mit der Erhebung zur Basilika in St. Andrä angebrochen. Diese Kirche ist sehenswert und reich ist ihre Geschichte. Man kann sie nicht beschreiben, man muss sie erlebt haben.
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