Chorherrenstift der Augustiner

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Die Verleihung des Erzdiakonats an St. Andrä durch Erzbischof Eberhard II. im Jahre 1203 lässt vermuten, dass sich die Zahl der Kirchen und Gläubigen im Lavanttal bedeutend vermehrt haben musste. Die Einkünfte der Pfarrkirche St. Andrä reichten auch zur Erhaltung einer größeren Anzahl von Priestern. Diese Umstände bewogen den bedeutenden Territorialpolitiker Eberhard den II. (1200 – 1246) 1225, oder kurz davor, eine Probstei mit einem regulierten Chorherrenstift zu gründen. Eine Quelle aus demselben Jahr beweist, dass dies nach dem Jahr 1223 geschehen sein muss. Es handelt sich dabei um die „Annales sancti Rudberti“. Sie spricht davon, dass der Erzbischof und Bischof Karl von Seckau, die sich zu einem Besuch in St. Andrä aufhielten, in der dortigen Kirche die Leichname der Heiligen Veit und Modestus gefunden zu haben glaubten. Sie haben sie geborgen und nach Salzburg überführt. Diese Auffindung und die Kirchenpolitik Eberhards könnten gemeinsam der Anlass zur Gründung eines Augustiner Chorherrenstiftes gewesen sein. Die Stiftungsurkunde ist leider nicht mehr erhalten. Angeregt durch eine Reformsynode des Jahres 1059 entstanden in der Folge ordensähnliche Vereinigungen. Die Geistlichen einer Kirche führten unter einem Probst ein gemeinsames Leben, mit gemeinsamem Tisch und geistlichen Übungen. Diese Lebensform sollte dem Gebet, Studium, Zölibat und einer standesgemäßen Einfachheit dienen. Die Regel hierfür wurde aus den Schriften des Kirchenlehrers Augustin zusammengestellt. Man nennt die nach dieser Regel lebenden Geistlichen „Augustiner Chorherren“, wegen des gemeinsamen Chorgebetes, oder „Kanoniker“ (Kanon = Regel), oder wegen der täglichen Lesung eines Kapitels aus der Regel oder der Heiligen Schrift auch Kapitulare.

 

Zu Beginn waren vier Chorherren in St. Andrä, alle aus Salzburg stammend. Der jeweilige Propst des Stiftes war auch nach der Gründung des Bistums Erzdiakon (Archidiakon) der Lavanter Diözese. Der Archidiakon war ursprünglich der Stellvertreter des Bischofs. Trotzdem stand die Wahl zum jeweiligen Bischof des Bistums Lavant nur dem Erzbischof von Salzburg zu und nicht dem Propst oder dem Stiftskonvent, die ja gemeinsam das Domkapitel bildeten. Eberhard bestimmte seinen Kaplan Friedrich Schaller als ersten Propst.

 

Im Jahre 1234 vermehrte Erzbischof Eberhard II. die Einkünfte des von ihm errichteten Chorherrenstiftes zu St. Andrä:
– durch Schenkung eines Waldes im Tale Länch (die Lanken, heute Langen, ein Bergwald westlich von St. Andrä),
– durch die Verleihung des Bergrechtes (Zehentweines) von allen Weinbergen im Lavanttal, insoweit dieses Bergrecht bisher Salzburg zustand,
– durch die Verleihung der Maut und des Salzzolles im Markte St. Andrä,
– durch die Verleihung von Einkünften auf dem Berge Achperg (Aichberg auf der Saualpe) und
– durch Verleihung von Einkünften auf dem Dachberg.
Im selben Jahr bestimmte Eberhard II. auch die Grenzen des Lavanter Bistums. In der darüber ausgestellten Urkunde verlieh er dem Propst Friedrich und seinen Nachfolgern das Erzdiakonat über alle zum Lavanter Sprengel gehörigen Kirchen samt Kapitel zu Unterdrauburg.

 

In der folgenden Zeit erhält das Chorherrenstift St. Andrä durch Schenkungen oder durch Kauf immer wieder Grundbesitz in den umliegenden Dörfern, wie zum Beispiel Siegmuntingen (Siebending), Wimponzigen (Wimpassing), Scheming (Schönweg), auf dem Berge Lamb (Lamm), in Gemerstorf (Gemmersdorf), zu Welzing (Wölzing) und Vischarn (Fischering), in Schiltern (Schilting), Ryeding (Rieding) und anderen Orten. Eine Urkunde aus dem Jahre 1291 berichtet über die Unzulänglichkeit der Stiftung, sogar über die Armut des Domstiftes zu St. Andrä. Grund dafür waren die geringen Erträge der Huben und Äcker zur damaligen Zeit. Um diese Situation in den Griff zu bekommen, wurde die Bestimmung getroffen, dass die Zahl der Chorherren nicht über zehn betragen sollte. Erwähnenswert erscheint Propst Pilgrim II. (1373 – 1405), der nicht nur versuchte, Güter und Einkünfte seines Stiftes zu vermehren, sondern auch als Erzpriester der Lavanter Diözese um die Verbesserung der Kirchenzucht besorgt war. 31 erhaltene Urkunden bezeugen sein reiches Wirken. 1798 starb Propst Franz Georg, der 35. Propst. Wegen des gänzlichen Vermögensverfalles des Stiftes konnte man zu keiner Neuwahl mehr schreiten, und es wurden keine neuen Mitglieder in den Konvent aufgenommen.

 

596 Jahre nach seiner Gründung hat sich das Augustiner Chorherrenstift praktisch selbst aufgelöst. Das noch übrige Vermögen wurde 1808 dem Religionsfonds einverleibt und von der k. k. Staatsherrschaft St. Andrä in Verwaltung übernommen.

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